Lebensraum Streuobstwiese

Streuobstwiesen sind seit Jahrhunderten eine typische mitteleuropäische Kulturlandschaft. Sie liegen im Übergangsbereich von Städten und Dörfern zur offenen Landschaft und damit im unmittelbaren Lebensumfeld zahlreicher Menschen. Da sie als Kulturlandschaft von Menschen geschaffen wurden, bleiben sie nur durch Nutzung und Pflege erhalten.

Streuobstwiesen besitzen eine große Bedeutung für den Erhalt der Biodiversität (sie bieten bedrohten Tier und Pflanzenarten einen Ersatzlebensraum), für die regionale Identität und Produktion regionaltypischer Produkte, das Landschaftsbild und die Erholungsfunktionen sowie für die Naturbildung. Aufgrund dieser Besonderheiten ist der Schutz von Streuobstwiesen in unserem Raum sehr wichtig.

Gleichzeitig unterliegen Streuobstwiesen jedoch einer Vielzahl an Gefährdungen durch Infrastrukturmaßnahmen, Siedlungserweiterungen sowie fehlende Pflege und Nutzung, die in der Summe zu fortlaufender Flächenreduktion und Fragmentierung führen. In den letzten einhundert Jahren sind in Deutschland 90% der ehemals vorhandenen Streuobstwiesen verschwunden.

Seit den 1980er Jahren wurden große Anstrengungen zum Schutz der Streuobstwiesen auf amtlicher und ehrenamtlicher Ebene unternommen. Beispiele hierfür sind:

  • Die Einrichtung von gesetzlich geschützten Gebieten, in Hessen am wirksamsten als geschützter Landschaftsteil (Verbot der Baumfällung), als Landschaftsschutzgebiet (Verbot der Bebauung) oder – wenn wichtige Artenschutz-Aspekte hinzutraten - als Naturschutzgebiet.
  • Viele Artenhilfsmaßnahmen zur kurzfristigen Beseitigung von Nistplatzmangel für Steinkauz, Gartenrotschwanz, Spechte und andere prägende Vogelarten wurden ausgeführt, die tatsächlich häufig zur Stabilisierung, örtlich sogar zur Erweiterung von Populationen führten.
  • Oft kostenlose Abgaben von jungen Obstbaumhochstämmen seitens der Kommunen sollten die Eigentümer zur Nachpflanzung von überalterten Beständen anregen.
  • Maßnahmen zum Streuobstschutz wurden zum beliebten Ausgleich für Eingriffe in Naturschutz und Landschaft.
  • Große Anstrengungen wurden unternommen, den Streuobstanbau wieder in ökonomisch interessantere Bereiche zu führen, indem regionale Aufpreis-Vermarktungsstrategien entwickelt und teils recht erfolgreich umgesetzt wurden.

All diese Aktionen haben sicherlich zur Senkung der Verlustraten beigetragen, doch leider meist nicht zur Umkehr der Entwicklung, geführt.

Der Erhalt einer Streuobstwiese

Der Lebensraum Streuobstwiese ist stark strukturiert: Gras- und Kräuterschicht, Strauchschicht, Baumschicht, flächige Ausdehnung und Vernetzung – daher ist seine Pflege und Erhaltung eine komplexe Aufgabe. Sogar die Bäume selbst sind ein komplexes Gebilde:
Die hochstämmigen Obstbäume sind Ergebnisse von langjähriger Zuchtauswahl und gezielter Schnittbearbeitung. Sie werden aus der Wurzel und den Ästen, die später die Krone bilden, manchmal auch noch aus einem eigenen Stamm, zusammengesetzt. Um sie möglichst lang am Leben und für die Obstproduktion zu erhalten und damit sie im hohen Alter eine entsprechend hohe ökologische Wertigkeit erreichen, müssen sie regelmäßig geschnitten werden. Das geht nur über einen regelmäßigen, extensiven Baumschnitt, der die Erhaltung der Bäume bis ins hohe Alter sichert und die Baumhöhlenentstehung fördert.

Aus mangelnder Betreuung der Streuobstwiesen werden vielerorts entstandene Lücken im Baumbestand nicht aufgefüllt. Dies ist jedoch von entscheidender Bedeutung für den Erhalt des Lebensraumes auf lange Sicht. Ohne das Nachpflanzen von jungen Hochstämmen, sterben die vorhandenen Streuobstwiesen langsam weg.
Für die Pflege des Unterwuchses unter den Obstbäumen gilt: Es ist großer Wert darauf zu legen, dass Streuobstwiesen gemäht und/oder beweidet werden. Brachen sollten vermieden oder zurückgedrängt werden. Brachflächen gibt es in den Streuobstgebieten ausreichend!

Für Fledermäuse, Steinkäuze, verschiedene Spechtarten und andere Tiere, die mehrere Lebensräume als Teilhabitate im ständigen Wechsel benötigen, ist wichtig, dass diese gefahrlos erreichbar sind. Diese Verbindung der Lebensräume ist wichtiger als bisher angenommen, d.h. es sollten zusätzlich Maßnahmen zum Verbund ausgearbeitet werden. Streuobstwiesen bieten sich  - genauso wie Hecken - als Verbindungselemente an.